Kobi Oz – Mosche Chuwato und der Rabe

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I. Kapitel 15
II. Zion Chuwato


Unser Mosche

Wo ist Mosche schon wieder? Immer verschwindet er, wenn man ihn braucht.
Ein gutes Kind, aber ein Stück Kartoffel. Laß ihn an einem Ort liegen und komm in zwei Jahren zurück, er wird noch genau an derselben Stelle sein.
Er hat einfach keine Willenskraft.
Unser Mosche ist wie eine Kartoffel, ohne Geschmack und ohne Geruch. Wie viele Male habe ich ihm schon gesagt, Mosche, tu was.
Als ich nach Israel gekommen bin, habe ich die Regeln gleich kapiert, erstens: ohne Formulare gibt es nichts, zweitens: man muß einer Partei angehören, wer kümmert sich sonst um dich? Wenn du in keiner Partei bist, bist du ein Nichts. Mosche will das nicht verstehen, unsere Kartoffel. Ein Kind ohne Meinung. Ein Kind der UNO, zurückhaltend, immer still, unparteiisch. Er hängt in seinem Zimmer herum, vor dem Fernseher, wie ein Sozialhilfeempfänger.

Und das mit zwanzig.
Ich hoffte immer, daß er sich an Jiftach ein Beispiel nehmen würde, das wollte ich. Er sollte wie Jiftach werden, das wollte ich, ein israelischer Held. Aber Mosche und Jiftach, das ist so weit entfernt wie Ost und West.
Mosche ist orientalisch und hört nur depressive, traurige Lieder. Eigenartig, wie ich so einen Sohn hervorbringen konnte, deprimierend, das paßt genau in das Stigma von dem aschkenasischen und dem orientalischen Juden. Hat man vielleicht erwartet, daß ich so einen Sohn haben würde, einen Drückeberger und Faulenzer, ellenlang und träge. Ein Kandidat fürs Arbeitsamt, genau wie Onkel Charly, geheiligt sei sein Name.
Was man erwartet, ist das eine, was man bekommt, das andere.
Immer wieder habe ich gesagt, Mosche, unternimm etwas.
Aber er, eine Batata.
Er ist nicht dumm, mein Mosche, nur verschlossen.
Wenn man eine Kartoffel nimmt und sie in einen Topf mit Wasser legt, wachsen ihr Triebe und Blätter - eine neue Kartoffel wächst heran.
Wir sollten für Mosche schnellstens einen passenden Topf finden, damit er aufblüht...