Mel Gussow:
Wie oft sahen Sie ihn?
Martin Segal:
Mindestens einmal im Jahr. Wir trafen uns am späten Vormittag auf einen Kaffee. Er kam auch ins Ritz; er mochte es, er inspizierte die Szene. Er lebte sehr einfach, doch hatte er nichts dagegen, sich einer luxuriösen Umgebung auszusetzen, solange er nicht Teil davon sein mußte. Er rief mich an, um mir zu sagen, daß er den Nobelpreis bekommen würde. Zu der Zeit war er im Urlaub, und es ging ihm bereits nicht gut. Wir kamen überein, uns in Paris zu treffen, und aßen zusammen zu Abend, um das Ereignis im Le Grand Véfour zu feiern. Die Zeitungen waren voll von ihm, so daß ihn beim Hereinkommen jeder erkannte. Er aß Rührei oder etwas in der Art.
Mel Gussow:
Gab’s Champagner?
Martin Segal:
Ich glaube, er nahm einen kleinen Schluck. Ich habe Champagner getrunken.
Mel Gussow:
Was sagte er zum Nobelpreis?
Martin Segal:
Wir verbrachten etwa dreieinhalb Stunden im Le Grand Véfour. Alle Aufmerksamkeit richtete sich auf ihn. Es war wirklich eine außergewöhnliche Erfahrung. Sie wissen ja, wie gesellig es bei den Franzosen bei Essen und Wein zugeht, normalerweise ist ein Restaurant von Stimmengewirr erfüllt. Doch sie ließen ihn nicht aus den Augen, es war unheimlich. Er tat so, als wäre nichts. Er schien sich all dessen nicht bewußt zu sein.
Über die Auszeichnung schien er weder überrascht noch nicht überrascht zu sein. Es schien, als wäre dies nur ein weiteres Ereignis in seinem Leben. Er betrachtete es unter dem Aspekt, daß er in Geldangelegenheiten ein wenig großzügiger sein konnte. Das war alles. Dieser Abend hätte photographiert werden sollen.
Nach dem Essen wollte ich ihm ein Taxi rufen. Er lehnte ab, wollte vom Restaurant nach Hause laufen. Einen langen Spaziergang machen. Er trug nur einen einfachen Pullover. Es war Winter, und er hatte einen Schal umgebunden. Es war eine neblige Nacht. Er wirkte zerbrechlich. Und ging in die Nacht hinein. Wenn Sie sich ein Bild machen wollen von einer poetischen Situation für einen großen Schriftsteller, wie er davongeht, ganz gleich wohin: Ich war unfähig, mich von der Stelle zu rühren. Ich dachte, da geht er weg, allein, es evozierte sein Schreiben, seine Persönlichkeit.