Jens Roselt – „Schauspieltheorien “, Sachbuch

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William Archer
MASKEN ODER GESICHTER?
Eine Studie zur Psychologie der Schauspielkunst

I.

In bewegenden Situationen, steigen Ihnen da die Tränen in die Augen? Kommen sie unaufgefordert? Können Sie sich selbst durch bloße Willenskraft zu Tränen rühren und sie dann wieder unterdrücken? Wenn Sie pathetische Reden halten, versagt Ihre Stimme von allein? Oder täuschen Sie absichtlich eine Stimme vor, die versagt? Nehmen wir einmal an, dass Sie in gleicher Situation an einem Abend echte Tränen vergießen und mit einem echten „Kloß im Hals“ sprechen, an einem anderen Abend diese Stimmungen lediglich vorgeben, ohne sie physisch zu erleben: Bei welcher Gelegenheit würden Sie damit rechnen, die größere Wirkung auf Ihr Publikum zu erzielen?

II.

„Als Macready Virginius spielte, nachdem er seine geliebte Tochter begraben hatte, gestand er, dass diese reale Erfahrung seiner Schauspielkunst in den pathetischen Situationen des Stückes neue Kraft verlieh. „Haben Sie von einer vergleichbaren Situation zu berichten? Hat jemals persönliches Leid (ob unlängst geschehen oder weit zurückliegend) Ihre Schauspielkunst in einer Situation beeinflusst, die Ihnen jene schmerzlichen Umstände ins Gedächtnis zurückgerufen hat? Wenn ja, war dieser Einfluss Ihrer Meinung nach zum Guten oder zum Schlechten? Und wie war die Wirkung auf das Publikum?

III.

In Szenen mit Gelächter, […] amüsieren Sie sich da tatsächlich? Oder ist Ihre Belustigung gänzlich vorgetäuscht? Haben Sie auf der Bühne jemals Tränen gelacht? Oder waren Sie vom Lachen derart überwältigt, dass Sie kaum Ihre Rolle weiterspielen konnten? Und wie sah die Wirkung auf das Publikum aus? (Übrigens beziehen sich diese Fragen nicht auf Gelächter, das durch grobe Fehler oder andere überraschende Zwischenfälle hervorgerufen wird, sondern ausschließlich auf Gelächter, das zur Aktion im Stück gehört. …)